[Freitagsrunden-Infoliste] Verfassungsbeschwerde

Daniel Käs dkaes at cs.tu-berlin.de
Mon Dez 10 20:57:53 CET 2007


Hallo,

heute soll es um ein Thema gehen, welches in letzter Zeit in den Medien 
heiß diskutiert wird und auch bei Heise News schon für so einige Furore 
gesorgt hat. Ich spreche von der "Vorratsdatenspeicherung".

Diese wurde im Gesetz zur Neureglung der Telekommunikationsüberwachung 
Anfang November beschlossen und soll ab dem 1. Januar 2008 in Kraft 
treten. Ab diesem Zeitpunkt müssen die Verbindungsdaten sämtlicher 
Telekommunikationsmedien von den Anbietern mitgeschnitten werden. Dies 
umfasst also nicht nur Telefon, Handy, SMS und Fax sondern auch 
Verbindungsaufbaue ins Internet und die Nutzung von E-Mail-Diensten.

Mitgeschnitten werden Telefonnummern, E-Mail-Adressen, IP-Adressen, 
sowie die Uhrzeit und das Datum der Kommunikation. Bei Handys kommt noch 
das Speichern der Funkzelle dazu, so dass man eine recht genaue 
Abschätzung erhält, wo sich die betroffene Person gerade aufhält.

Diese Daten werden von ALLEN Bürgern ohne Verdachtsmoment für ein halbes 
Jahr "auf Vorrat" gespeichert. Auch wenn durch diese Maßnahme keine 
Kommunikationsinhalte aufgezeichnet werden, so wird das 
Fernmeldegeheimnis dennoch faktisch aufgehoben, da sich anhand der 
Kommunikationsteilnehmer häufig auch Kommunikationsinhalte ableiten 
lassen. So gibt es bereits Beschwerden von Anwaltskanzleien, Arztpraxen, 
Beratungsstellen, aber auch von Journalistischen Verbänden, welche die 
Anonymität ihrer Informanten gefährdet sehen.

Dabei sind diese Maßnahmen und ihre Wirksamkeit stark umstritten. Neben 
dem Problem der psychologischen Wirkung einer solchen Überwachung, sowie 
der zweifelhaften Rechtmäßigkeit in Hinblick auf das Fernmeldegeheimnis, 
der informationellen Selbstbestimmung und der Achtung der Privatsphäre 
und Korrespondenz, gibt es einige technische Probleme:

  1. Ein 'Terrorist' wird ein Internetcafe aufsuchen,
     Onion-Routing-Techniken verwenden oder auf einen anderen Weg
     versuchen anonym ins Internet gehen. Auch bei der Nutzung von
     Handys lässt sich die Überwachung mit ausländischen Prepaid-Karten
     und genügend krimineller Energie umgehen.
  2. Die Daten werden bei den Providern gespeichert - wer sorgt für den
     Schutz der Daten? Die Provider, bei denen es jetzt schon massive
     Angriffe und immer wieder Lücken gibt? Außerdem soll der Provider
     alle Kosten tragen, also werden diese an die Kunden weitergegeben.
  3. Die Protokollierung ist technischer Unsinn, nicht nur weil diese
     Daten auch für jede Spam erfasst werden, sondern insbesondere auch
     weil es schlicht zu viele Daten sind, die faktisch nutzlos sind.
     Schon heute können gerade nur knapp 2% der Delikte die per Internet
     verübt werden wegen fehlender Daten nicht aufgeklärt werden.
  4. Es sind ausnahmslos ALLE Bürger betroffen, Beratungsstellen
     wie die Aidshilfe überlegen derzeit, ob sie noch per
     Internet und Telefon beraten dürfen, weil sie zu Anonymität
     gesetzlich verpflichtet sind.

Doch noch ist es nicht zu spät sich gegen diesen Gesetzesentwurf zu 
wehren. Wer auf einen deutschen Überwachungsstaat verzichten kann, die 
getroffenen Maßnahmen als unverhältnismäßig ansieht oder aber der 
Meinung ist, dass man unser Geld für wichtigere Dinge aufbringen sollte, 
kann sich an einer Verfassungsbeschwerde beteiligen. Bisher haben mehr 
als 13000 weitere Bürger diese Sammelklage unterschrieben. Die Teilnahme 
ist selbstverständlich kostenlos, dafür müsst ihr lediglich ein Formular 
herunterladen, ausfüllen und an einen bestimmten Anwalt schicken. 
Zusätzlich gibt es auch noch eine Umfrage zu diesem Thema.

Ihr könnt die Umfrage hier finden:
     http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/51/70/
die Vollmacht für die Sammelklage zum Ausdrucken findet ihr hier
    http://www.vorratsdatenspeicherung.de/images/vollmacht.pdf

Oder aber zum selbst ausdrucken, wenn ihr die Umfrage nicht online 
machen wollt:
    http://www.vorratsdatenspeicherung.de/images/sammelklage.pdf

Einige Examplare des letzten Dokuments liegen auch schon fertig zum 
Ausfüllen in der Freitagsrunde bereit und können dort auch abgegeben 
werden. Wir verschicken diese dann gebündelt, so dass ihr Portokosten 
sparen könnt. Wenn ihr die Unterlagen bei uns abgebt, dann bitte bis zum 
19. Dezember (24 Uhr) in unseren Briefkasten, da die Vollmachten bis zum 
Ende des Jahres eingereicht werden müssen.

Ihr findet weitere Infos unter
    http://www.vorratsdatenspeicherung.de/
Bei weiteren Fragen zu diesem Thema stehen wir gerne zur Verfügung.


Viele Grüße,

Daniel